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Michael Wachtler

Highlights | Der größte Goldfund der Alpen

Gold

Die vergessene Goldkarte
Gesetze des Glücks

Gold kann immer noch gefunden werden. Sehr viel sogar. Die folgenden Geschichten erzählen von Goldfunden und wie sie geschahen. Welche Gedanken die Entdecker entwickelten und warum gerade sie es finden mussten.

Gemeinsam wendeten und drehten wir ein dünnes Büchlein eines vollkommen unbekannten Schweizer Mineralogen: „DIE GOLDPYRITGÄNGE VON BRUSSON IN PIEMONT von Th. Reinhold.“ Gedruckt wurde es in Basel im Jahr 1916. Vieles war für uns uninteressant. Von eingesprengtem Gold in Millimetergröße stand geschrieben, 3 - 10 gr. pro Tonne, dazu wissenschaftliche Erklärungen. Das mochte für industriellen Abbau interessant sein, nicht aber für uns. Doch dann fielen unsere Augen auf einige Buchseiten und nahmen unseren Geist und Gedanken gefangen. „Fenillaz-Speranza“. Und weiter stand geschrieben:
„Das Gold findet sich fast ausschließlich als Freigold. Auf den ersten Blick scheinen sich die Goldfundstellen im ganzen Gang unregelmäßig fleckenartig zu verbreiten.“ Das fleckenartig auftretende Freigold machte uns nachdenklich. Und mehr noch: „Es lassen sich aber doch in gewissen Gangpartien an Freigold reichere Stellen herausfinden.“ Dann wurde weiter erklärt wie der Wegweiser einer Schatzkarte. Nur war sie von einem Wissenschaftler geschrieben worden und schon deshalb musste sie - im Gegensatz zu den meisten anderen Karten –so waren wir überzeugt, glaubwürdig sein.
„Die hier beschriebenen Goldanreicherungen können sehr beträchtlich sein und in seltenen Fällen eine lokale Ausdehnung von mehreren Kubikmetern besitzen. So fand man, ungefähr in der Mitte der Grube, am oberen Stoss der Galerie Nr. 4, 185-187 m vom Mundloch entfernt, am 29. Mai 1908 in 462 kg Gangmasse, 40 kg Gold. Ein benachbartes Erznest von 244 kg Gangmasse enthielt 28 kg Gold. Noch im Februar 1909 fand man mehr im Liegenden zwischen Stollen 4 und 5 eine goldreiche Zone von 58 kg Quarz mit 3 kg Freigold.“
40 und 28 kg reines Gold wurden an einer einzigen Stelle gefunden! Genauer hätte man den Schatz nicht einzeichnen können. 185 – 187 Meter vom Eingang entfernt. Und als ob das noch nicht ausreichte, hatte der penible Schweizer in einer Karte jeden einzelnen der größeren Goldfunde der Vergangenheit eingezeichnet. Sogar noch sein mineralogisches Wissen eingebracht, „... dass die reichsten Goldfundstellen vorwiegend dort gefunden wurden, wo der Gang die Glimmerschiefer in der Nähe des Kalkes durchsetzt.“ Das Gold fand sich also dort wo die Quarzdrusen sich mit dem Kalk verzahnten, nicht dort wo die reinen Kalke die Adern durchsetzen. Wir brauchten nur zu beobachten.
„Die totale Ausbeute von Erz in den Jahren 1904 – 1909 beläuft sich auf ... 716,953 kg Gold.“
Allein schon diese Schatzkarte hätte ausgereicht, um unsere Neugierde zu wecken, doch zudem besaßen wir noch etwas, was vor hundert Jahren unbekannt war. Leistungsfähige Metalldetektoren, die punktgenau Gold anzeigen konnten. Diese neuen technischen Geräte waren unbestechlich. Sie verrieten das Gold, wenn man es auch nicht sah und es tief in der Quarzader steckte.
„Gold findest du dort, wo du es suchst!“ meinte Georg Kandutsch, der Mineraloge. Eine alte Weisheit. Man muss von Anfang wissen was man sucht und wie man es suchen sollte. Im Oktober 2003 brachen wir auf und staunten, dass nicht andere vor uns diese Schatzkarte zu deuten gewusst hatten. Wie ängstliche Erforscher eines mit unbekannten Gefahren drohenden Landes öffneten wir die verrosteten Tore der Fenillaz-Mine.
Im Jahr 1898 wurde in Genf die Schweizer Gesellschaft „Société des Mines d‘Or de l‘Evançon“ gegründet. Unter anderem versprach diese gutgläubigen Aktionären, dass sich am östlich von Brusson gelegenen Berges Ciamousira in der Nähe des Weilers La Croix Gold haufenweise befände. Hier hatte bisher noch niemand Stollen angeschlagen und gerade dies Gebiet war jungfräulicher als viele dieser Berge, wo man schon zu Zeiten der alten Römer und Kelten Gold gesucht hatte. Ein großes Wagnis. Die Schweizer waren auch sehr schnell am Ende. Doch das Vertrauen anderer Anleger hatte mittlerweile die Englische „The Evançon Gold Mining Company Ltd“ geweckt. 1902 setzten sie die Arbeiten der früheren Gesellschaft fort. „SPERANZA“ die „HOFFNUNG“ nannten sie einen neuen, vom Fenillaz-Gang in der Mitte des Berges, abzweigenden Stollenteil. Der weltweite Goldpreis lag in jenen Jahren im Keller. 1910 schloss man die Minen „nachdem der reiche Fenillazgang zu ungefähr zwei Dritteilen abgebaut worden war.“
Was bedeutete zu zwei Dritteln? Dann musste auf jeden Fall noch viel Gold in diesen Quarzgängen stecken. Ich rechnete: Mehr als 400 kg Gold mussten es sein. Mit diesen Gedanken und vielen anderen Träumen und Hirngespinsten tasteten wir uns durch die Gänge. Wir schritten die Meter ab. Dann standen wir am Punkt wo einst, im fernen Jahr 1908, unglaubliche 68 kg reines Gold gefunden worden waren. In Gedanken stellten wir uns die Menge vor, den Jubel der Bergarbeiter, die trotzdem deswegen keinen Cent mehr Lohn bekamen. Und denen es schlussendlich auch egal war, wie dieses Gold hierher gekommen war oder wie es entstanden war.
Einige Milligramm Gold pro Tonne Gestein enthält durchschnittlich die Erdkruste. Hier aber gab es eine zehn millionenfache Anreicherung. Mario und Lino Pallaoro, die beiden Zwillinge tasteten mit dem Detektor Meter um Meter ab.
„MEHR ALS VIERHUNDERT KILO REINES GOLD müssen hier auf engstem Raum verborgen liegen.“ Das war sicher keine Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen. Hier standen die Möglichkeiten so gut wie nirgendwo in den Alpen. Dann summte das Gerät, zum ersten Mal. Überraschend wies es auf das Geröll der Halde an der wir gerade standen. Wie konnte das möglich sein? Bergarbeiter mussten diesen Stollenteil einst heruntergesprengt und nie mehr ausgeräumt haben. Wie im Fieber warfen wir das Steinwerk die steil abfallende Halde im Berginnern hinunter. Nur die matt leuchtenden Stirnlampen erhellten etwas den Raum. Zu wenig Licht für das Auge. Doch der Detektor wies unbeirrbar zum Gold.
Ich hielt ein erstes schweres, schon von Natur auskristallisiertes Goldstück, zur Gänze mit Bergkristallen verwachsen in der Hand. Wir starrten es an wie ein Weltwunder, auch wenn wir in der Fastdunkelheit die wahre Pracht nicht erkennen konnten. Die Schatzkarte des Dr. Reinhold hatte nicht gelogen. Selbst der stets schweigsame Federico Morelli begann Gefühle zu zeigen und wurde gesprächiger.
„Im Leben ist alles relativ,“ presste Federico zugeknöpft hervor. Wäre Gold so häufig wie Kieselstein, würden wir es liegen lassen. Aber dem war nicht so. Die Speranza übertraf unsere Hoffnungen. Überall lag plötzlich Gold um uns herum. Das wir nicht einmal mühsam aus dem Felsen herausarbeiten mussten. Stück über Stück türmten wir auf. Kilos von wunderbar geformten Bergkristallen warfen wir die Halde hinunter, die wir sonst selbst in kleiner Größe immer von den Gipfeln der Alpen herunterschleppten. Aber hier waren sie wertlos. Hier war Besseres zu finden.
Fünfhundert Bergleute hatten hier für die englische Gesellschaft sieben Zugangsstollen gebohrt. „Livelli“ nannten sie diese. Dazwischen hatten sie die Felsen ausgehöhlt und die bis zwei Meter dicke Quarzader abgebaut. 2.500 m lang ziehen sich heute noch die Gänge in das Innere des Berges. Kurz flackerte hier während des Faschismus und der damit ausgelösten Wirtschaftssanktionen der Bergbaubetrieb durch das Unternehmen Giuseppe Rivetti auf. Dann kam alles wieder zum Stillstand.
Die Zwillinge Pallaoro trieben uns unermüdlich weiter. Die Batterien der Lampen neigten sich dem Ende zu. Doch wir hatten Gold gefunden, viel Gold sogar. Als wir für diesen Tag die Stollen verließen herrschte draußen Dunkelheit. Die Menschen der Val d’Ayas sind freundliche und herzliche Leute. Von einem Herren Squindo berichtete man uns, der in der Speranza auf dem „livello 4“ 15 kg reines Gold gefunden hätte. Nirgendwo liegen Lüge und Wahrheit so eng beieinander als beim Gold.
Am nächsten Tag waren wir wieder im Bergwerk. Schon vollkommen verdreckt krochen wir dahin, aber das berührte uns kaum. Draußen war es heiß, innen drin feuchtkühl. Ich schaffte es immer noch nicht mich in diesen Gängen zu orientieren. Wir waren sicher nicht die einzigen in den letzten Jahrzehnten, die hier an den großen Fund glaubten. Überall sahen wir Spuren. Doch wer fand hier? Die Glücklichen halten solange ihr Wissen geheim, bis das Glück zu Ende ist. Der Zahn der Zeit ließ langsam die dicken Holzstämme, die den Berg abstützten, verrotten. Mit wie viel menschlichem Schweiß wurden sie hier fest gekeilt! Aber es ist nur mehr eine Frage der Zeit, wann die Galerien einstürzen würden.
Wir arbeiteten von Neuem weiter. Noch immer kam Gold wie ein nie enden wollendes Füllhorn zum Vorschein. Immer wieder schnitten sich Bergkristalle und Quarze in unsere Knie. Auch das Blut der zerschundenen Hände beachteten wir nicht. Das Dunkel der Stollen ermattete und machte unsicher. Die Stimmen der anderen, so nahe sie waren erreichten mich nur dumpf.
„Was ist wenn der Berg plötzlich zusammenbrechen würde!“ Schon der Gedanke machte Angst. Niemand würde uns finden. Irgendwo tropfte Wasser herunter. Nicht viel. Zum Glück. Diese Stollen sind viel trockener als die anderen dieser Gegend. Wie mag es den früheren Bergarbeitern hier drinnen ergangen sein? Der Gestank von Schweiß, Krankheit und Exkrementen! Das jahrelange Kriechen in den engen Stollen und Gängen, teilweise nicht einmal einen halben Meter hoch. Das Leben ohne Licht. Der Detektor verrät uns das Gold. Mineraloge Reinhold hatte doch Recht. Wie er es beschrieben hat sahen wir es nun tatsächlich. Im Quarz an den Randzonen zum Schiefer und den Kalken glänzte es hervor.
„Hat dieses Gold und diese Mineralien ein Langzeitgedächtnis vom Beginn ihrer Entstehung bis zum heute?“ Dies kam mir plötzlich in den Sinn. Georg Kandutsch, der Mineraloge, erklärte die Ereignisse wie vor dreißig Millionen Jahren Afrika gegen Europa stieß und große Gesteinsschollen in Dutzende Kilometer Tiefe presste. Es handelte sich dabei um alten Meeresboden eines Urmeeres, um vulkanische Gesteine, dazu kamen noch frühere Ablagerungen von Sanden, Korallen und Meerestieren. Überall darin gebunden große Mengen an Wasser, welche aufgeheizt wurden und ihrerseits aus den magmatischen Gesteinen das vorhandene Gold herauslösten und es an bestimmten Stellen anreicherten. So lebendig kann Geologie und die Geschichte der Erde sein.
Die beiden unzertrennlichen Zwillinge Pallaoro gerieten sich wie so oft in die Haare. Nicht wegen des Goldes. Sie brüllten sich an und bewarfen sich gegenseitig mit Steinen. Im nächsten Augenblick war wieder Ruhe, als wäre nichts geschehen.
„Schau, es ist das gleiche, als wenn du dir mit dem Hammer auf den Finger schlägst. Dann ärgerst du dich. Aber irgendwie musst du dich wieder mit dir selbst anfreunden.“
Das eine einzige Ich in zwei Personen lernte ich allmählich verstehen. Die bunte Truppe hatte sich mit ihren Charakteren schon längst zusammengeschweißt. Ein schweres Stück Quarz kam zum Vorschein. Es musste sicher einen halben Kilo reines Gold enthalten, schätzten wir. Es war nicht das einzige. Wir hatten das Gold der Alpen gefunden, einer von uns schätzte es auf fünf bis sechs Kilo. Die Schatzkarte hatte unsere Erwartungen mehr als übertroffen.

„Gold is there where you find it!“ „Gold findest du dort, wo du es suchst!“ „L’oro si trova dove lo cerchi!“


 

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